(
Johann Huß und die Hußiten.
95
Jetzt wurde Karl Iv., der Sohn des böhmischen Königs
Johann, gewählt. Er sorgte fast nur für die Vergrößerung seiner
Hausmacht, erwarb Brandenburg, die Lausitz und Schlesien. Für
diese Länder und Böhmen war er ein wahrer Landesvater; Prag,
seine Residenz, schmückte er mit herrlichen Gebäuden und stiftete
1348 eine Hochschule, die erste in Deutschland. Breslau, die
wichtige Handelsstadt, baute er nach einem furchtbaren Brande
größer und schöner wieder aus und verband sie mit Prag und den
italienischen Handelsstädten durch eine Kunststraße. Das Wich-
tigste, was ihm Deutschland verdankt, ist das berühmte Reichs-
grundgesetz, die goldene Bulle, wodurch festgesetzt wurde, daß fortan
sieben Kurfürsten die Wahl der Kaiser allein vollziehen sollten.
Diese waren: die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der
König von Böhmen, der Markgraf von Brandenburg, der Herzog
von Sachsen und der Pfalzgraf am Rhein. Zu Frankfurt sollte
die Wahl, zu Aachen die Krönung vollzogen werden. Deutsch-
land wurde, wie fast alle Staaten Europas, zu dieser Zeit von
vielen Uuglücksfällen heimgesucht. Zuerst brach eine schreckliche
Hungersnoth aus, die viele Menschen hinwegraffte, darauf folgte
ein furchtbares Erdbeben und fast zu gleicher Zeit brach eine Pest
— der schwarze Tod — aus, die Millionen Menschen zum Opfer
forderte. Angst und Verzweiflung bemächtigte sich aller Gemüther;
nur durch strenge Bußübungen glaubte man den sichtbaren Zorn
des Himmels zu versöhnen. Flagellanten oder Geißelbrüder
zogen von Stadt zu Stadt, geißelten ihren Rücken blutig, begin-
gen aber dabei so viele Ausschweifungen, daß die Bischöfe diese
öffentlichen Bußübungen verbieten mußten. Andere behaupteten,
die Juden hätten die Brunnen vergiftet, und verursachten unmensch-
liche Grausamkeiten gegen sie. — Kaiser Karl errichtete die
Quarantäne-Anstalten zur Abwehr solcher Pestkrankheiten, welche
etwa in Zukunft das Vaterland heimzusuchen drohten.
Unter Karls Söhnen waren weder das deutsche Reich, noch
ihre Erbländer glücklich. Wenzel, durch seine Grausamkeit gegen
den heiligen Johann von Nepomuk berüchtigt, empörte alle Ge-
müther gegen sich, und die Kurfürsten setzten ihn sogar ab; der
verschwenderische Sigismund, zugleich König von Ungarn, ver-
geudete die Einkünfte und besaß weder Kraft noch Mittel, die in
seinem Erblande Böhmen entstandenen Unruhen zu dämpfen.
Jy Johann Huß und die Hußiten.
Während der Regierung des Kaisers Sigismund war die
Hochschule zu Prag die berühmteste in Deutschland. Unter andern
Lehrern zeichnete sich an derselben Huß durch Gelehrsamkeit aus.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Huß Johann Karl_Iv. Karl_Iv. Johann Karl Karl Karls Wenzel Johann_von_Nepomuk Johann Johann Sigismund
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Schlesien Deutschland Breslau Prag Deutschland Mainz Brandenburg Sachsen Rhein Frankfurt Europas Karls Ungarn Deutschland
Kirchmtrennung. Luther.
119
Allein jenes Stillschweigen wurde leider nicht gehalten, da
die Parteien zu aufgeregt waren. Einer der größten Gegner-
Luthers war Eck, ein sehr gelehrter und in der Bibel vorzüglich
bewanderter Mann. Dieser forderte Luther nebst dessen Freunden
zu einem Wortkampfe nach Leipzig heraus. Hier stritt man mit
großer Erbitterung, und Luther ging schon so weit, daß er das
Ansehen des Papstes, als des Oberhauptes der christlichen Kirche,
verwarf, von der lebenden Ueberlieferung nichts
hören und Alles nur aus der todten Schrift beweisen wollte,
aus der Schrift, die er nach seiner eigenen Meinung
erklärte, aus der er nur das nahm, was ihm zu-
sagte; weshalb er dort auch den Brief des heiligen Jakobus
für unecht ausgab, weil da außer dem Glauben auch die guten
Werke zur Seligkeit nothwendig gefordert werden.
Im folgenden Jahre vergrößerte sich die Kirchenspaltung,
indem Luther die Lossagung vom Papste, die Aufhebung der
klösterlichen Gelübde, der Fasttage und vieler Feste forderte.
Kurz nachher trat er gegen die Messe als ein heiliges Opfer
auf, tadelte die Austheilung des Abendmahles unter einer
Gestalt, und nahm nur drei Sakramente an.
Endlich kam eine päpstliche Verordnung oder Bulle, welche
eine Anzahl Sätze aus Luthers Schriften als Irrthümer bezeich-
nete und den Urheber mit dein Banne bedrohte, wenn er nicht
binnen zwei Monaten widerriefe. Die Bulle wirkte aber wenig,
weil die Verkündigung derselben gerade dem größten Gegner
Luthers, dem Doktor Eck, aufgetragen war; denn man hielt sie
für das Erzeugniß persönlicher Rache. Luther entschied sich nun
zu einem Schritte, der ihn für immer von der katholischen Kirche
trennte: er verbrannte in Wittenberg öffentlich den päpstlichen
Bannbrief und das kirchliche Gesetzbuch. - ;
Unterdessen war Karl V. zum deutschen Kaiser erwählt. Er
hätte einen Reichstag nach Worms ausgeschrieben; auf diesem
sollten neben manchen weltlichen besonders die kirchlichen Ange-
legenheiten zur Sprache gebracht und entschieden werden. Fast
alle deutschen Fürsten waren auf demselben anwesend. In ihrer
Mitte trat der päpstliche Legat auf und hielt eine feierliche Rede,
in welcher er bewies, daß Luther wirklich Sätze lehre, die von
der Kirche verdammt worden seien. Dann meinte er: „es sei
ganz zwecklos, ihn nach Worms zu berufen; denn die Erfahrung
habe gezeigt, daß er sich durchaus von Niemandem belehren lasse,
sondern in seinen Irrthümern hartnäckig beharre." Allein die
meisten Fürsten stellten dem Kaiser vor, wie gefährlich es sei,
einen Mann ungehört zu verdammen, dessen Lehren schon so
zahlreiche Anhänger gefunden hätten, und Karl stimmte ihnen
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl Karl
Der Bauernkrieg. Münzer.
121
habe , was den Weisen und Verständigen verborgen sei." Sobald
, Luther von diesen Gräueln hörte, verließ er gleich, selbst gegen
den Willen seines Kurfürsten, die Wartburg und eilte nach
Wittenberg. Acht Tage hinter einander hielt er donnernde Pre-
digten gegen die Ungebundenheit und Bilderstürmerei, wodurch
er die Ruhe wieder herstellte. Von nun an blieb Luther in
Wittenberg; seine Lehre verbreitete sich in Sachsen und den
angrenzenden Ländern. Nach und nach richtete er den Gottesdienst
so ein, wie er gegenwärtig in den evangelischen Kirchen gehalten
wird. Er starb auf einer Reise zu Eisleben im Jahre 1546.
Der Kurfürst Johann Friedrich ließ ihn in Wittenberg begraben.
Fast zu gleicher Zeit mit Luther trat in der Schweiz Ulrich
Zwingli, Pfarrer zu Zürich, als Stifter der sogenannten refor-
mirten Kirche auf. In den meisten Punkten war er mit Luther
einverstanden; nur in der Lehre vom Abendmahl wich er von ihm
ab. Herüber erhob sich ein großer Streit zwischen beiden, und
sie trennten sich mit ihren Anhängern völlig. Die Lehre des
Zwingli fand nicht nur in der Schweiz, sondern auch im südlichen
Deutschland, in den Niederlanden und Frankreich vielen Eingang.
Einer der thätigsten Beförderer derselben war Calvin in Genf.
Er stammte aus Frankreich, trat schon mit dem zwanzigsten Jahre
in den geistlichen Stand, nahm dann Zwinglis Grundsätze an
und mußte deshalb aus seinem Vaterlande flüchten. In Genf
zeichnete er sich als reformirter Prediger aus und stieg zu hohem
Ansehen. Ein Schandfleck bleibt in seinem Leben die Schuld an
der Hinrichtung Servets, eines Arztes aus Spanien. Calvin
haßte den Mann, weil er ein Buch über das Christenthum geschrie-
den hatte, das nicht nach dem Sinne des Genfer Glaubenslehrers
war. Als nun Servet nach Genf kam, ließ ihn derselbe Calvin,
der das traurige Ende des Huß nicht genug beklagen konnte, ins
Gefängniß setzen und zum- Feuertode verurtheilen. Vergebens
bat und flehte Servet: „Wenn ich geirrt habe," sprach er, „so
habe ich es aus Unwissenheit gethan; an meinem Tode kann euch
ja nichts gelegen sein." Aber nichts half, der Verkündiger der
christlichen Milde hatte kein Mitleid mit dem Unglücklichen; er
wurde grausam mit Feuer zu Tode gequält.
> Der Saucrnkrieg. Münzer.
Im Jahre 1525 brachen in mehreren Gegenden Deutschlands
Unruhen unter dem Landvolke aus. Die armen Bauern seufzten
damals unter schweren Lasten. Die Fürsten legten ihnen drückende
Abgaben auf, und die Gutsherren vermehrten sie noch. Zuerst
empörten sich die Bauern des Abts von Kempten, dann verbreitete
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Extrahierte Personennamen: Johann_Friedrich Johann Friedrich Ulrich
Zwingli Calvin Calvin
Extrahierte Ortsnamen: Wartburg Wittenberg Wittenberg Sachsen Wittenberg Deutschland Niederlanden Frankreich Genf Frankreich Genf Spanien Genf Deutschlands
126
Geschichte.
weil sie seinen Lüsten und Leidenschaften sich entgegenstellte. Er
verstieß seine erste Gemahlin Katharina, mit der er schon 20 Jahre
lebte, um Anna Bolehn zu heirathen. Der Papst wollte nicht in
die Ehescheidung willigen; der König trennte sich aber eigenmächtig
von seiner Frau und nahm die Anna. Als darauf der Papst
über ihn den Bann aussprach, sagte er sich völlig von ihm los
und machte sich selbst zum Oberhaupte der englischen Kirche. Wo
er nur den geringsten Widerstand fand, brauchte er Gewalt. Der
edle Kanzler Morus und der Bischof von Rochester wurden
enthauptet, weil sie seine zweite Ehe nicht als gültig, noch ihn
als geistliches Oberhaupt anerkennen wollten. Er machte eine
Religion nach eigenem Gutdünken, die sich eben so sehr von den
lutherischen als katholischen Glaubenssätzen entfernte, und drohte
Jedem, welcher sich einem oder dem andern Glaubenssätze wider-
setzen würde, die härtesten Strafen. Dann hob er die Klöster
und Stifter auf und theilte sich mit seinen Günstlingen in die
reiche Beute. Nach drei Jahren ließ er Anna Bolehn enthaupten,
um sich mit einer dritten Frau zu vermählen. Diese starb schon
im folgenden Jahre, und Heinrich dachte gleich wieder an eine
neue Heirath mit der Tochter 'des Herzogs von Kleve. Diese
schickte er bald nach der Hochzeit dem Vater zurück und nahm
eine fünfte Frau, die er im zweiten Jahre öffentlich- hinrichten
ließ. Erst die sechste überlebte ihn. Mit zunehmendem Alter
nahm auch sein Mißtrauen und seine Grausamkeit zu; viele
angesehene Personen fielen als Opfer derselben.
Nach Heinrich regierte zunächst sein zehnjähriger Sohn
Eduard. Diesem folgte seine Schwester Maria, welche katho-
lisch war. Sie begann auf eine zu harte Weise die Wiederher-
stellung der katholischen Kirche; denn sie glaubte, daß alle Unruhen
und Empörungen im Lande von den Neuerungen herrührten. Sie
hinterließ die Krone ihrer Schwester Elisabeth.
Unter der Regierung dieser Königin stieg England zu einer
bedeutenden Größe. Elisabeth war mit ungemeinen Fähigkeiten
begabt. In ihrer Handlungsweise zeigten sich aber unter manchen
Tugenden auch viele Fehler. Gegen das gemeine Volk war sie
leutselig und herablassend. Leute aus den niedrigsten Ständen
hatten zu allen Zeiten freien Zutritt zu ihr. Sie nahm ihre Bitt-
schriften wohlwollend an und unterhielt sich freundlich mit ihnen,
so daß jeder voll Bewunderung seine.königin verließ. Gegen den
Adel dagegen trat sie mit stolzer Würde auf, um ihm ihre Hoheit
recht fühlbar zu machen. Von dem Gepränge, mit welchem sie
sich öffentlich zeigte, erzählt ein Augenzeuge, wie sie sich eines
Sonntags aus ihren Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst
erschien eine Menge Edelleute, Grafen und Ritter; dann kam der
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Extrahierte Personennamen: Katharina Anna_Bolehn Morus Anna_Bolehn Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Eduard Eduard Maria Maria Elisabeth Elisabeth
44
Geschichte.
Augustus starb in dem hohen Alter von 76 Jahren. Nach
ihm kam sein Stiefsohn Tiberius, ein mordsüchtiger Mann,
zur Regierung. Auf ihn folgten eben so schlechte Kaiser:
Caligüla, Claudius und Nero. Der letzte besonders über-
traf noch die andern in Schandthaten aller Art. Er tödtete
sogar seine eigene Mutter, seine Frau und seinen alten Lehrer,
den berühmten Seneca. Er ließ Rom anzünden um sich an
einem großen Brande zu ergötzen, und dann aussagen, daß es
die Christen gethan hätten. Bald brach eine Empörung gegen
ihn aus und er wurde ermordet.
.^Jlusbrritung öcs Christenthums.
Daß Jesus Christus, der verheißene Messias,
unter der Regierung des Kaisers Augustus zu Bethlehem geboren
wurde, ist uns aus der biblischen Geschichte bekannt. Dieselben
heiligen Schriften geben uns Nachrichten von seinem Leben,^seinen
Thaten, Lehren, Wundern, von seinen Verfolgungen, von seinem
Leiden, Sterben, Auferstehen und von seiner Himmelfahrt. Auch
finden wir dort Vieles von dem Leben und Wirken der Apostel,
wie überhaupt von den Schicksalen der ersten Christen.
Die erste christliche Gemeinde war die zu Jerusalem.
Schon zur Zeit der Apostel blühete das Christenthum, einer
jungen Pflanze gleich, hoffnungsvoll in den drei damals bekann-
ten Erdtheilen aus. Ueber jede einzelne Gemeinde führte, ein
Vorsteher die Aufsicht. Man nannte ihn Bischof. Als die
angesehensten Bischöfe galten die in Rom, Alexandria,
Antiöchia und Jerusalem, zu denen auch später der zu
Konstantinopel kam. Der erste aller Bischöfe war der von
Rom. Er erhielt den Namen Papst, das heißt Vater der
Gläubigen.
Jedoch fehlte es dem Christenthume auch nicht an Verleum-
dern und Verfolgern, die in der Bosheit ihres Herzens die junge
Saat zu zertreten suchten. Im jüdischen Lande nahmen die Ver-
folgungen ihren Anfang, wo zuerst Stephanus für seinen
Glauben getödtet wurde. Am wüthendsten sind die Christen von
den römischen Kaisern verfolgt worden. /Die übermüthigen Beherr-
scher des großen Reiches, ihre Statthalter und hohen Beamten
lebten in allen Sünden und Lastern und konnten es nicht ver-
tragen, daß die Christen ein solches Leben öffentlich tadelten und
von Buße und Besserung predigten. Dann meinten sie, daß ihr
Götzendienst von der Verfassung des Staates nicht getrennt wer-
den könne, deshalb auch eine Veränderung in der Religion den
Umsturz des Reiches nach sich ziehen müsse, wenn der Uebertritt
- r/?- \ «-3—
'T
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Extrahierte Personennamen: Augustus Stiefsohn_Tiberius Tiberius Caligüla Claudius Jesus_Christus Augustus Apostel Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Rom Christenthums Bethlehem Jerusalem Rom Alexandria Antiöchia Jerusalem Rom
Mönche. Theodosius.
47
andere Gebäude aufführen, schuf die alte Stadt in eine neue
um und nannte sie Konstantinopel, d. h. Konstantins
Stadt. — Dieser Kaiser liebte besonders die Pracht in seiner
Umgebung, daher hielt er einen zahlreichen Hofstaat. Schade,
daß der so unternehmende Mann durch mehrere Hinrichtungen
seiner nächsten Verwandten sein zunehmendes Alter befleckt hat.
Er ließ sich erst kurz vor seinem Tode taufen. rjj/- y'
* In dieser Zeit traten auch schon christliche Gelehrte auf,
ihre Religion zu vertheidigen, die Nichtigkeit des Heidenthums
darzuthun, oder auch die Lehren des Christenthums zu erläutern
und die Irrlehren zu widerlegen. Die Verfasser dieser Schriften
heißen Kirchenväter. Um das Jahr 220 lebte Tertullianus,
Clemens und sein Schüler Origenes, nach dem Jahre 300
Joh. Chrysostomus (Goldmund), Ambrosius, um 400 Augustinus
und Hieronymus.
i-n Mönche. Theodosius.
Zur Zeit der Verfolgungen hatten manche Christen Alles
verlassen und waren in Einöden geflohen. Dort lebten sie von
Beeren, Kräutern und Wurzeln. Ihre Zeit brachten sie in
heiligen Betrachtungen und im Gebete für sich, für ihre christ-
lichen Brüder und Schwestern zu. Man nannte diese Männer
Eremiten, Einsiedler. Die meisten fanden sich in Aegyp-
ten und Palästina; ihre Anzahl stieg dort bedeutend. Jeder
Eremit wohnte allein, nur das Gebet wurde gemeinschaftlich
verrichtet. Außerdem trieben sie etwas Ackerbau und allerlei
Handarbeiten. Was sie damit verdienten, gaben sieden Armen;
für sich behielten sie wenig. Sie fasteten sehr streng und ent-
zogen sich fast allen Vergnügungen, um ihren Geist desto mehr
auf das Ewige zu richten. Bei dieser Lebensart und Gemüths-
ruhe erreichten sie meist ein hohes Alter von 80 bis 100 Jah-
ren. — Nachher begaben sich mehrere Einsiedler zusammen und
bildeten eine Gesellschaft. Ihre gemeinschaftliche, später mit
Mauern eingeschlossene Wohnung bekam den Namen Kloster.
Der Vorsteher hieß Abt, von dem Worte Abba, Vater. Im
vierten Jahrhundert kamen vorzüglich die Klöster auf, und hatten
für die damalige Zeit segensreiche Folgen. Unfruchtbare Gegen-
den- um die Klöster machten die fleißigen Mönche zu tragbaren
Feldern. In der Nähe der Klöster entstanden bald einzelne
Ansiedelungen, späterhin Dörfer. Die Mönche lehrten den
Ankömmlingen, die oft rohe Krieger waren, Ackerbau und
Gewerbe und milderten so ihre Sitten. Auch legten sie
in den Klöstern Schulen an und besorgten dieerziehung
der Jugend. Unser deutsches Vaterland verdankt den Klöstern
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Extrahierte Personennamen: Theodosius Clemens Schüler_Origenes Chrysostomus Theodosius
58
Geschichte.
was ihnen zusagte. Daher änderte sich bei ihnen gar manches,
namentlich nach der Annahme des Christenthums. Die größte
Veränderung erlitt die Sprache der Eingewanderten; die in den
eroberten Ländern gebräuchliche lateinische konnte nicht ausgerottet
werden, sie wurde aber bald mit der deutschen vermischt. So
entstanden die romanischen Sprachen : die portugiesische, spanische,
französische und italienische. Nur im eigentlichen Deutschland
hielt sie sich frei von fremder Beimischung und bildete sich nach
und nach mehr aus. Wir haben aus Chlodwigs Zeit noch ein
Bruchstück eines kirchlichen Formulars zur Spendung des heiligen
Sakramentes der Taufe, welches als eines der ältesten Denkmäler
unserer Sprache merkwürdig ist.
Frage. Forsachistu Diabola?
Antw. Ec forsacho Diabola.
F. En allum Diabol-gelde?
A. En ec forsacho allum Diabol-
gelde.
F. En allum Diaboles Werkum?
A. En cc farsacho allum Diaboles
Werkum endewordum, Thunaer
ende Wodan ende Sachsen-Ote
ende allem them Unholdum the
hiru genotas sint.
F. Gelobistu in God, almethigun
Fadaer?
A. Ec gelobo in God, almethigun
Fadaer.
F. Gelobistu in Crist, Godes
Suno?
A. Ec gelobo in Crist, Godes
Suno.
F. Gelobistu in halogan Gast?
A. Ec gelobo in halogan Gast?
Versagst du dem Teufel? v
Ich versage dem Teufel.
Und aller Teufelsgilde?
Und ich versage aller Teufelsgilde.
Und allen Teufelswerken?
Und ich versage allen Teuselswerken
und Worten und Thor und
Wodan und Sachsen-Odin und
allen den Unholden, die hier
genannt sind.
Glaubst du an Gott, den allmäch-
tigen Vater?
Ich glaube an Gott, den allmäch-
tigen Vater.
Glaust du an Christus, Gottes
Sohn?
Ich glaube an Christus, Gottes
Sohn.
Glaubst du an den heiligen Geist?
Ich glaube an den heiligen Geist.
Auch die Gesetzgebung und Rechtspflege erweiterte sich merk-
lich. Früher entschied mau nur nach Gebrauch und Herkommen;
die nun gegebenen, in lateinischer Sprache abgefaßten Gesetze
enthielten Verbote und Strafen. Jedes Vergehen konnte durch
eine festgesetzte Geldstrafe gesühnt werden. Das Gericht wurde
öffentlich unter freiem Himmel abgehalten, gewöhnlich unter großen
Bäumen oder auch an großen Steinen. In jeder Grmeinde war
der Vorsteher Richter, die Erfahrensten der Gemeindeglieder halfen
ihm das Urtheil finden (Schöppen); die Untersuchungen waren
einfach; am meisten gab man auf Zeugen und Eidesleistungen;
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96
Geschichte.
Auch machten ihn seine Predigten beliebt; denn erberührte darin
mit großer Freimüthigkeit die Laster der Zeit und mehrere Miß-
bräuche, welche sich nach und nach eingeschlichen hatten. Bald
aber sprach er auch solche Grundsätze und Lehren aus, welche mit
denen der Kirche durchaus nicht übereinstimmten: er verwarf die
Wandlung, den.vorrang des Papstes und das Ansehen der Kirche
und stellte die gefährliche Behauptung auf, man sei keinem geist-
lichen oder weltlichen Obern Gehorsam schuldig, wenn dieser in
einer Todsünde sich befinde.
Im Jahre 1414 wurde Huß vor die große Kirchenversamm-
lung zu Konstanz geladen und erhielt dazu einen Geleitsbrief
vom Kaiser Sigesmund; nur sollte er zu Konstanz seine Grund-
sätze nicht bekannt machen. Der anwesende Papst bezeigte sich
gegen ihn sehr gütig, versicherte ihn seines Schutzes und hob sogar
den Bann auf, in welchen er gethan worden war. Aber selbst in
Konstanz verbreitete Huß seine Lehre und wurde deshalb, ungeachtet
des Geleitsbriefes, gefangen gesetzt. Hierüber ward der Kaiser
unwillig; allein die versammelten Bischöfe erklärten: sein kaiser-
liches Wort dürfe dem katholischen Glauben nicht zum Nachtheil
gereichen und den geistlichen Richter nicht hindern, sein Amt
auszuüben; auch mache sich einer, der den Glauben anfechte, alles
Geleites selbst verlustig. Diese ernstliche Mahnung, schreckte den
Kaiser, der jetzt beschloß, sich nicht ferner in die Sache zu mischen.
Huß wollte anfänglich, wenn man ihn des Irrthums über-
führe, widerrufen; aber alle Vorstellungen der Kirchenväter waren,
als es zur Sache kam, bei dem unbeugsamen Manne vergeblich.
Darum wurde das Urtheil gesprochen, daß Huß ein Glaubens-
fälscher sei. Dann entsetzte man ihn seiner geistlichen Würde
und übergab ihn dem weltlichen Gerichte mit der gewöhnlichen
Bitte, ihn nicht zu tödten, sondern gefangen zu halten. Doch
nach den damaligen strengen weltlichen Gesetzen wurde er als
irrgläubig, als aufrührerisch und dem Staate höchst gefährlich,
verbrannt. Die Nachricht von dem schrecklichen Tode des Huß
brachte bei den Böhmen erst Bestürzung und Trauer, dann Wuth
und Raserei hervor. Jetzt hielten sie um so fester an seiner Lehre
und dehnten sie noch weiter aus. Zu Tausenden versammelten sie
sich auf einem Berge, welcher nachher der Berg Tabor genannt
wurde. Ziska, ein wilder, verwegener Mensch, war ihr Anfüh-
rer. Als die Hußiten eines Tages in Prag feierliche Umzüge
hielten, wurde einer ihrer Priester von einem Steine getroffen,
den Jemand vom Rathhause herabwarf. Und sogleich stürmten
sie das Gebäude und stürzten dreizehn Rathsherrn zu den Fenstern
hinaus auf die Straße, wo man sie mit Spießen auffing und
ermordete. Das war der blutige Anfang eines großen Aufruhrs.
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Kirchentrcnnung. Luther.
115
Trennung, sonst auch Reformation genannt, wurde hauptsächlich
durch den Mißbrauch, welchen Unbesonnene mit dem Ablasse trie-
den, veranlaßt.
In den ersten Zeiten Pflegte die Kirche die gröbern Uebertre-
tungen der göttlichen Gebote streng zu-bestrafen. Für öffentliche
Sünden wurden auch öffentliche Bußwerke auferlegt. Die Theil-
nahme am Gottesdienste war den Büßenden versagt, nur am
Eingauge des Gotteshauses durften sie im demüthigen Bußkleide
stehen. Eine solche Bußübung währte oft mehrere Jahre hindurch,
wurde aber auch zuweilen durch den Ablaß der Bischöfe gemildert.
Sie kürzten die durch Kirchengesetze bestimmte Büßung entweder
ab, oder verwandelten sie in Uebungen guter Werke. So bot der
Papst Urban Ii. allen Kreuzfahrern vollkommenen Ablaß an, d. h.
er verordnete, daß Alle, die ihre Sünden mit reuigem Gemüthe
beichteten und an den Kreuzzügen Theil nahmen, wegen der
Gefahren und Mühseligkeiten, denen sie sich im Dienste der Kirche
aussetzten, von den kirchlichen Strafen befreit sein sollten, welchen
sie sich sonst hätten unterwerfen müssen. Später ward auf der
Kircheuversammlung zu Lyon dieser Ablaß auch aus solche aus-
gedehnt, die zu Hause blieben und den Kreuzzug durch freiwillige
Gaben an Geld unterstützten. Seit jener Zeit singen die Ablässe
an häufig zu werden, und man ertheilte sie auch denen, welche
Beiträge zur Erbauung von Kirchen und Schulen leisteten.
* So geschah es auch kurz vor der Kircheutrennuug. Leox.,
der 1513 zum Oberhaupte der katholischen Kirche gewählt worden
war, faßte bald nach dem Antritte seines oberhirtlichen Amtes den
Entschluß: das Denkmal des Apostelfürsten, die Peterskirche zu
Rom, zu vollenden, zu der sein Vorgänger Julius Ii. den Grund
gelegt hatte. Dieser Dom sollte ein Bau der ganzen Christenheit,
der Nationen und Völker werden; Alle sollten dazu nach Kräften
beitragen, wie ja Alle Glieder der einigen, heiligen Kirche sind.
Das Mittel hierzu war der Ablaß; denn nur auf diese Weise
konnte Jeder ohne Rücksicht auf Stand und Geschlecht, vom
schwachen Kinde bis zum gebückten Greise, der Reiche wie der
Bettler sich am Baue betheiligen — die Einen mit irdischen
Gaben, die Andern mit Gebeten — und während sie Gott einen
christlichen Völkerdom errichteten, erbauten sie sich selbst zu
erneueten Tempeln des heiligen Geistes.
Ein so erhabenes Ziel zu erreichen, schrieb der Papst Leo X.
einen Ablaß im Jahre 1515 aus und übertrug die Ausführung
desselben im nördlichen Deutschland dem Erzbischöfe von Mainz,
Albrecht, einem gebornen Markgrafen von Brandenburg. Dieser
bestimmte den Dominikanermönch Johann Tetzel, den Ablaß zu
verkündigen.
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Äirchmtrcnimng. Luther.
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durch vielfache Zweifel beängstigt, so daß er das Mitleid dev
Ordensbrüder erregte. Ans dieser drückenden Lage befreite ihn
ver Vorgesetzte seines Ordens, Staupitz, indem er ihm Trost
zusprach und ihn dem Kurfürsten von Sachsen, Friedrich dem
Weisen, als Lehrer für die Hochschule zu Wittenberg empfahl.
Freudig begab sich Luther nach dem dasigen Kloster, übernahm
die Lehrstelle und später das Predigtamt an der Schloßkirche.
* Die Augustiner und Dominikaner lebten schon seit längerer
Zeit wegen verschiedener Lehrmeinungen in Streit. Der Kurfürst
Friedrich hatte sich im Jahre 1516 einen Ablaß zur Vermehrung
des Einkommens seiner Schloßkirche in Wittenberg erwirkt; ans
einem andern sollte daselbst das Kloster der Augustiner erbaut
werden. Beide Ablässe durften, wie alle übrigen, nicht abge-
halten werden, so lange der höhere, allgemeinere Zweck der
gesammten Christenheit nicht erfüllt war. —
Luther trat daher mit Entschiedenheit gegen den von Tetzel
und seinen Genossen verkündigten Ablaß aus; seine Predigten
regten mächtig das Volk auf.
Es war am 31. Oktober 1517, als Luther 95 Lehrsätze in
lateinischer Sprache, die sich besonders aus den Ablaß bezogen, an
die Schloßkirche zu Wittenberg anschlagen ließ und alle Gelehrten
aufforderte, dieselben zu prüfen. Das gab die Veranlassung zur
Kirchentrennung, an die Luther damals noch gar nicht dachte;
denn er hatte seine Lehrsätze nicht als unwidersprechliche Wahr-
heiten, sondern lediglich als Zweifel vorgebracht, die ihm auf-
gestoßen seien und die ersetzt, blos um die Wahrheit zu ermitteln,
der öffentlichen Prüfung unterwerfe. Auch lag in dem Anschlagen
dieser Lehrsätze nichts Auffallendes, denn das geschah damals
gewöhnlich, wenn die Gelehrten sich zu einem Wortstreite, Dis-
putation genannt, herausforderten. — Tetzel aber und mit ihm
mehrere seines Ordens wurden über die Kühnheit des Augustiner-
mönchs höchst entrüstet. In Predigten und Schriften zogen sie
mit Schmähungen gegen die Lehrsätze los, schalten den Verfasser
einen Ketzer und behaupteten, daß er damit das Ansehen des
Papstes und der Kirche angreife. So heftige Ausfälle reizten
Luther zu einer noch heftigeren Vertheidigung, bei welcher ihn
seine Ordensbrüder, die Augustiner, eifrig unterstützten. Nun
traten beide Theile feindselig gegen einander auf, verloren aber
im hitzigen Kampfe der Meinungen nur zu oft die Ruhe des
Urtheils sowohl, als des Gemüthes. Bald griff Luther auch
echt katholische Glaubenssätze an, wie den von der Sünden-
vergebung und von dem Werthe der guten Werke.
Was Anfangs nur eine Angelegenheit der Gelehrten war,
wurde auch bald Sache des Volkes. Dieses fing an, sich in zwei
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_dem
Weisen Friedrich Friedrich Friedrich